Montag, 10. Juli 2000
 

Magier gegen Stachelschweine

Der amerikanische Nationalsport Baseball hat auch im Berliner Südwesten begeisterte Anhänger

Von Michael Bregel

Die TuSLi-Wizards verzaubern die Baseball-Diaspora

Lichterfelde - Ein Schotterplatz an der Goethe-/Ecke Königsbergstraße. Die Herrschaften auf dem Feld, Damen und Herren, auch altersmäßig bunt gemischt, tragen ihre Baseballkappen nicht aus modischen Gründen. Die 2. Mannschaft der «Wizards» (Zauberer) des TuS Lichterfelde ist zum Heimspiel gegen die Potsdamer «Porcupines» (Stachelschweine) angetreten.

Sprechende Namen überall: Der Start der Gäste ist saumäßig, das Heimteam zaubert. Yuima Kaneko verwandelt gleich den ersten Schlag, weitere folgen. Sechs zu eins, ein Debakel für die Gäste bahnt sich an. Aber auch die Potsdamer applaudieren gelungenen Wizards-Spielzügen.

Baseball sei ein friedliches, ja pazifistisches Spiel, erklärte kürzlich ein Fernsehkommentator. Denn beim Baseball gehe es, im Gegensatz zu anderen Sportarten, bei denen «Stürmer» den Erfolg mit «Angriffen» suchen, in erster Linie darum, nach gelungenen Aktionen «sicher» zu sein und letztlich «heim zu kommen».

Vielleicht der Grund, der Baseball auch nach mehr als 100 Jahren in den USA immer noch so populär macht, dass zu den Spielen von Traditionsteams wie den «New York Yankees» stets mehrere 10 000 Zuschauer die Ränge füllen, vornehmlich Familien.

Von Zuschauermassen ist bei den Wizards weit und breit nichts zu sehen. «Die Spiele werden aber auch bei uns mehr und mehr Familienfeste, trotzdem kann man noch Leistungssport machen», sagt Michael Bode, Spieler der ersten Mannschaft und «Zauberer» der ersten Stunde.

Als die Wizards nach ihrer Gründung 1989 innerhalb von nur zwei Jahren bis in die 2. Bundesliga durchmarschierten, stand die Leistung noch im Vordergrund. Heute ist der Spaß wichtiger. Die Nachricht, durch die Niederlage eines Konkurrenten stehe der Aufstieg der «Ersten» so gut wie fest, löst am Spielfeldrand kurz Freude aus, dann ist wieder die «Zweite» wichtiger.

Baseball in der deutschen Diaspora, für die derzeit 35 Lichterfelder Baseball-Wizards kein ganz leichtes Unterfangen. Schon beim Spielgerät fangen die Schwierigkeiten an, die meisten Sportgeschäfte führen die notwendigen Utensilien gar nicht.

Dann die Trainings- und Spielmöglichkeiten: Die Sportämter können sich bei der Platzvergabe schwer damit abfinden, dass ein Baseballspiel gerne auch mal drei oder vier Stunden dauert. Die fast aussichtslose Suche nach einem kompetenten Coach noch gar nicht erwähnt.

Gerne erzählt man sich im Kreise der Magier die Story, wie, noch zu Zeiten der US-Army in Berlin, der Drill-Sergeant «Mr. T.» aus einem Haufen begeistert drauflosschlagender Jugendlicher eine Mannschaft machte. «Keiner von uns kannte die Regeln», sagt Michael Bode, «aber Mr. T. war ein Baseball-Gott».

Auch heute ist das Pantheon den Wizards wohlgesonnen. Die Stachelschweine werden mit 15 : 9 erlegt. Zauberlehrlinge, die dienstags und freitags von 16.30 bis 20 Uhr die Keule schwingen wollen, sind an der Goethestraße willkommen. Infos gibt's unter Tel.:  811 59 66, im Internet unter www.tusliwizards.de.

   

 

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© Berliner Morgenpost 2000

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